Bürgernahe Politik vor Ort, Ehrlichkeit und Transparenz

Übertragung der Ratssitzung mittels Livestream

Die Bürgerpartei GL beabsichtigt mit ihrem ersten Antrag den Gedanken zur Teilnahme an der Kommunalpolitik zu stärken und die Transparenz politischer Entscheidungen in Bergisch Gladbach zu ermöglichen.

 

Antrag zur Sache und zur Geschäftsordnung
Livestream der öffentlichen Stadtratssitzungen


Beschluss:

Der Rat beschließt:

1.1 
Der Rat beauftragt die Verwaltung, die rechtlichen und technischen Voraussetzungen, sowie die haushaltsmäßigen Auswirkungen für eine Übertragung des öffentlichen Teils der Rats- und Ausschusssitzungen im Internet zu neu prüfen. Die Verwaltung hat alle wesentlichen technischen und baulichen Aspekte, die Programmierleistungen, die Beleuchtungsverhältnisse, die eventuellen denkmalschutzrechtlichen Vorgaben im Ratssaal und ebenfalls die rechtlichen Rahmenbedingungen umfassend in die Prüfung mit einzubeziehen. Zudem sollen vergleichbare Angebote von Liveübertragungen aus Räten anderer Städte und aus Landtagen ausgewertet werden.

1.2
für den öffentlichen Teil der Sitzungen des Rates der Stadt Bergisch Gladbach einen Livestream auf der Webseite der Stadt Bergisch Gladbach einzurichten. Die Bereitstellung und Bedienung der technischen Infrastruktur erfolgt durch einen externen Dienstleister, nach Abschluss des Vergabeverfahrens als Full-Service-Lösung, unter direkter Betreuung des Amtes für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit bzw. der Pressestelle der Stadt Bergisch Gladbach.

1.3
folgende Änderung der Geschäftsordnung des Rates. An § 7 Abs. 1 wird folgender Satz angefügt:
„Liveübertragungen aus den öffentlichen Sitzungen des Rates sind zulässig, sofern der Rat hierzu einen entsprechenden Beschluss gefasst hat. Jedes Ratsmitglied ist befugt, die Übertragung des eigenen Wortbeitrags der Sitzungsleitung gegenüber auszuschließen.“

Begründung


Die Stadtratssitzung über einen Livestream zu verfolgen stärkt den Gedanken zur Teilnahme an der Kommunalpolitik und ermöglicht die Transparenz politischer Entscheidungen.

Rechtliche Beurteilung

Die bisherige Rechtsprechung hat die Wiedergabe von Redebeiträgen aus den Gemeinderäten aufgrund ihrer ehrenamtlichen Funktion eher kritisch bewertet. Das Wissen um die Aufnahme von Redebeiträgen könne Ratsmitglieder in ihrer Spontanität einschränken und sich somit negativ auf den Sitzungsverlauf bzw. die Arbeitsweise des Rates auswirken.
Mehrere Landesdatenschutzbeauftragte sehen den Datenschutz beeinträchtigt und fordern, dass für eine Übertragung zumindest gesichert festzustellen sei, dass alle Ratsmitglieder jeweils zu Beginn der Sitzung der Übertragung zustimmen müssten und nur die Redner (am Pult) aufgenommen werden dürften. Diesem Votum haben sich der Landesdatenschutzbeauftragte NRW und der Datenschutzbeauftragte der Nachbarstadt Köln ausdrücklich angeschlossen. Sie haben zusätzlich darauf hingewiesen, dass nach jetziger Rechtslage eine Live-Übertragung des öffentlichen Teils der Sitzung der Einwilligung aller Ratsmitglieder nach vorheriger datenschutzrechtlicher „Aufklärung“ durch den Sitzungsleiter bedürfe. Zudem soll möglichst nur das Rednerpult im Fokus stehen.
Der Deutsche Städtetag hat sich zur Frage der Ton- und Bildberichterstattung aus Ratssitzungen ebenfalls kritisch geäußert. Die Mitglieder der kommunalen Vertretungskörperschaften seien keine Berufspolitiker. Hörfunk- und Fernsehaufnahmen wie Live-Übertragungen im Internet könnten dazu führen, dass Ratsmitglieder sich unsicher fühlten und sich nicht mehr zu Wort meldeten. Ratsmitglieder könnten sich gegen solche Aufnahmen mit Berufung auf ihre Individualrechte wehren.
Nach der Rechtsprechung des OVG Saarlouis (OVG des Saarlandes) vom 30.08.2010 (Aktenzeichen: 3 B 2031/10) wird dagegen die Frage nach den Persönlichkeitsrechten der Ratsmitglieder in Abgrenzung zur Rundfunkfreiheit relativiert. So wird zwar die „bisherige“ Rechtsprechung bestätigt, dass die Sitzungsleitung bei Abwägung aller Interessen die Rundfunkfreiheit eines Anbieters auf Übertragung der Sitzung beschränken darf, wenn durch die Medienpräsenz erhebliche Beeinträchtigungen auf die Meinungsbildung im Sitzungssaal zu befürchten sind. Der Schutz von Persönlichkeitsrechten könne der Rundfunkfreiheit dagegen nicht generell entgegen gehalten werden. Zwar entfällt das Persönlichkeitsrecht eines Ratsmitglieds nie völlig (zu denken ist hier etwa an weiter bestehenden Schutz vor Beleidigungen etc.), es werde jedoch dadurch modifiziert und in seiner Bedeutung weitgehend reduziert, dass das Ratsmitglied in diesem Rahmen nicht als Privatperson agiere und betroffen sei, sondern als Amts- bzw. Funktionsträger. Es gelte insofern auch nicht das übliche Datenschutzrecht.
Zwar kann diese Rechtsprechung, welche die Rundfunkfreiheit den Persönlichkeitsrechten der Ratsmitglieder gegenüber stellt, auf den Livestream nicht ohne weiteres übertragen werden. Mangels höchstrichterlicher Rechtsprechung zum Thema Livestreaming kann jedoch letztlich nicht abschließend beurteilt werden, ob bzw. inwiefern bei Liveübertragungen aus dem Ratssaal das Datenschutzgesetz greift. Um den rechtlichen Bedenken jedoch Rechnung zu tragen, wird daher eine entsprechende Änderung der Geschäftsordnung vorgeschlagen. Hiernach bedarf es zunächst eines entsprechenden Ratsbeschlusses, wonach Livestreaming während der Ratssitzungen erlaubt wird. Zudem wird klargestellt, dass jedes Ratsmitglied in der jeweiligen Ratssitzung befugt ist, die Übertragung des eigenen Wortbeitrages gegenüber der Sitzungsleitung auszuschließen. Wenn die betreffende Rednerin/der betreffende Redner es für ihren/seinen Wortbeitrag wünscht, wird der Livestream unterbrochen. Eine Befragung der Ratsmitglieder vor jeder Sitzung ist daher nicht mehr erforderlich.
Die Stadt Bergisch Gladbach wird keine Speicherung und Archivierung der Sitzungsdaten über den Livestream vornehmen oder diese zur Verfügung stellen. Von einem on-demand-System (Abrufbarkeit zu jeder Zeit für vergangene Sitzungen) wird deshalb abgesehen. Dies entspricht der Verfahrensweise des Großteils der Kommunen, die Livestreaming während der Ratssitzungen praktizieren.
Das Mitschneiden und die Weitergabe von Wortbeiträgen im Internet kann jedoch technisch nicht ausgeschlossen werden.

Begründung zur Vergabe an einen externen Dienstleister

Durch die Übertragung auf einen externen Dienstleister im Rahmen einer professionellen Full-Service Lösung, ist eine jederzeitige Änderung der Rahmenbedingungen der Übertragung und die Sicherung des neuesten technischen Stands ohne zusätzliche Investitionskosten gegeben. Es entstehen keine zusätzlichen Aufwendungen für die Bereitstellung von Ersatzpersonal.


Weitere Informationen